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Instrumentalisierung von Antisemitismus | Von Annette Groth

21 min • 29 april 2024

Durchsetzung von repressiv-autoritärem Staat durch Einreise- und Redeverbote


Ein Kommentar von Annette Groth.


Der Palästina-Kongress, der vom 12. bis 14. April 2024 mit hochrangigen Experten und Expertinnen in Berlin stattfinden sollte, und nach nur neunzig Minuten verboten wurde, scheint im Ausland mehr Aufmerksamkeit erhalten zu haben als in Deutschland. In vielen Städten gab es Proteste, so auch vor der deutschen Botschaft in Athen, da der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis mit einem Einreise- und Redeverbot belegt wurde. Bislang ist er der einzige Grieche, der nicht nach Deutschland einreisen durfte. Selbst die Junta-Politiker blieben während der Militärdiktatur (1967 bis 1974) unbehelligt.


Schon im Vorfeld wurde eifrig gegen den „umstrittenen“ Kongress gehetzt und als Treffen von „Israelhassern“, Antisemiten und Islamisten bezeichnet. Auch ein Verbot wurde erwogen, was vermutlich juristisch nicht durchsetzbar war. Dem Unternehmen, das den Saal zur Verfügung stellte, der erst am 12. April bekannt gemacht wurde, flatterten unflätige Drohungen ins Haus. Der Berliner Senat wollte den Kongress mit allen Mitteln verhindern. Der Gipfel war die Kündigung und Sperrung des Kontos der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost, der Hauptorganisator des Kongresses, durch die Berliner Sparkasse. Die gezahlten Eintrittsgelder und Spenden waren gesperrt, so dass die Jüdische Stimme kurzfristig auf private Gelder zurückgreifen musste. Ein großer Protest und Aufschrei über die Kontenkündigung eines jüdischen Vereins durch die Sparkasse blieb aus. Ich stelle mir 1933 vor, als viele jüdische Geschäftsleute und ganz normale jüdische Bürger und Bürgerinnen plötzlich nicht mehr an Gelder auf ihren Konten kamen.


Die Kontensperrung halte ich für antisemitisch genauso wie die polizeiliche Abführung von jüdischen Friedensaktivisten, die ein Schild „Juden gegen Genozid“ trugen. Und ist das Verbot der hebräischen Sprache auf dem Protestcamp der Palästina-Solidaritätsbewegung in der Nähe des Bundestags nicht auch antisemitisch? Die Begründung für dieses unsägliche Sprachverbot: „Wir müssen verstehen, was dort gesagt wird, es könnte ja zu Straftaten oder »Gewaltaufrufen« kommen.“ Allerdings wurde das Hebräisch-Verbot zumindest für den religiösen Gebrauch gekippt. Eine Schabbatfeier hätte sonst nicht stattfinden können. Auch die irische Sprache Gälisch ist von dem Sprachverbot betroffen. Gegen mehrere Iren, die Solidaritätslieder in der gälischen Amtssprache der irischen Republik sangen, wurden Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Als letztes ist noch das Verbot für die arabische Sprache zu nennen. Arabisch darf im Camp erst nach 18.00 gesprochen werden, denn erst dann hat der Polizeidolmetscher Zeit. Man denkt an Satire oder an Kabarett, wenn man das liest, aber es ist Realität in Deutschland im Jahre 2024! (1)


Es ist zu hoffen, dass das Verbot des Palästina-Kongresses auch Menschen zum Nachdenken bringt, die bisher mit dem Thema nichts zu tun haben wollen, aber durch die ständig zunehmenden Einschränkungen der Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit und cancel culture Verfügungen aufgeschreckt werden. Namhafte Wissenschaftler, Kulturschaffende und Schriftsteller haben in den letzten Monaten Auftrittsverbote erhalten, weil sie irgendwo etwas Israel-Kritisches gelikt oder etwas Pro-palästinensisches unterschrieben haben...


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Bildquelle: philip1234 / Shutterstock.com


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