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Krieg heißt Entmenschlichung - auf allen Seiten | Von Wolfgang Effenberger

27 min • 15 juni 2023

Das Drama um die Sprengung des Staudamms Nowa Kachowka findet vielerorts statt!


Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger.


In der zweiten Juniwoche 2023 startete Kiew die seit Monaten geplante und auch mehrfach angekündigte Offensive gegen die russischen Streitkräfte in den besetzten Ost-Teilrepubliken der Ukraine. Panzerkolonnen, darunter auch Kampfpanzer aus NATO-Staaten (u.a. deutsche Kampfpanzer des Typs Leopard 2/A4 und 2/A6, amerikanische Kampfpanzer M1 Abrams sowie britische Kampfpanzer Challenger 2) hatte man gegen verschanzte russische Verteidigungsanlagen in Stellung gebracht.


Pünktlich zu Beginn dieser Offensive läuft am 12. Juni 2023 das NATO-Großmanöver „Air Defender 23“ an. Deutschland hat die Leitung dieser komplexen Luftoperation übernommen, bei der das Führen eines Luftkriegs über Mittel- und Osteuropa trainiert wird. Es ist dies die größte Verlegeübung seit Gründung der NATO (im Jahr 1949). An ihr nehmen über 200 Flugzeuge und bis zu 10.000 Soldaten aus 25 Ländern teil. Das erinnert an die Mobilisierung der britischen „Home Fleet“ (Flotte der Royal Navy) am 18. Juli 1914. Mit 24 modernen Großkampfschiffen, darunter den mächtigen Neubauten der „Iron-Duke“-Klasse, fast zwei Dutzend Kreuzern und 42 Zerstörern, bildete sie damals mehr als die Hälfte und damit den Kern der weltweit eingesetzten britischen Marine. Zugleich war sie der gesamten deutschen Hochseeflotte mit ihren 18 modernen Großkampfschiffen, 15 Kreuzern und 33 Zerstörern deutlich überlegen.(1) Am 25. Juli 1914, wenige Tage vor Kriegsausbruch, bezog die Home Fleet ihre Kriegspositionen.


Die am 6. Juni 2023 begonnene Gegenoffensive wurde in den US-Medien als Wendepunkt des Krieges avisiert. Bret Stephens von der Times hofft, dass sie Russland „eine vernichtende und unmissverständliche Niederlage“(2) bringt, während David Ignatius in der Washington Post meint, sie würde "das Blatt im Krieg wenden". Er verkündete: „D-Day dämmert für die Ukraine.“(3)


Nur wenige Stunden nach dem Beginn der ukrainischen Gegenoffensive wurde der in der Region Cherson und im besetzten russischen Teil (nahe der Front) liegende Staudamm Nowa Kachowka samt dem angrenzenden Wasserkraftwerk - nach Angaben beider Kriegsparteien - zerstört. Russland und die Ukraine machten sich am 6. Juni für die mutmaßliche Sprengung und die damit einhergehenden Überschwemmungen gegenseitig verantwortlich.(4) Tausende Menschen beiderseits des Flusses Dnepr mussten evakuiert werden. Eine riesige Umweltkatastrophe bahnt sich im dortigen Frontabschnitt an, da neben der Freisetzung von Maschinenöl aus dem Kraftwerk die verheerenden Wasserfluten ganze Minenfelder mitrissen, die gegen Personen und Panzer angelegt wurden.


Schon gegen Mittag des 6. Juni äußerte sich Kanzler Olaf Scholz zur Zerstörung des Staudamms: er sieht darin eine "neue Dimension" der Kriegsführung. Der Akt passe „zu der Art und Weise, wie Putin diesen Krieg führt“(5). Scholz warf Russland vor, immer stärker zivile Ziele zu attackieren und reihte diesen Akt ein in die „vielen Verbrechen …, die wir in der Ukraine gesehen haben, die von russischen Soldaten ausgegangen sind“(6), Die russischen Streitkräfte würden auch Städte, Dörfer, Krankenhäuser, Schulen und Infrastrukturen angreifen, so der Kanzler beim Europaforum des WDR in Berlin.


Außenministerin Annalena Baerbock tat es am gleichen Tag ihrem Kanzler nach. Auf ihrer Lateinamerika-Reise machte sie im brasilianischen São Paulo Russland für die Überflutungen nach der Zerstörung des Staudamms im Süden der Ukraine verantwortlich...


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Bildquelle: eleonimages / shutterstock





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