Die Vorgänge in Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg entwickeln sich zunehmend zu einem Glücksspiel. Die Armee setzt auf einen Überraschungsangriff in das Kursker Gebiet und die deutsche Regierung auf eine Kriegsfinanzierung aus den Zinsen russischen Vermögens.
Ein Kommentar von Rüdiger Rauls.
Überraschungen
Der Einmarsch ukrainischer Truppen nach Russland kam für viele überraschend, für den Westen und dessen Führung ebenso wie für die russische, wenn man den Verlautbarungen glauben kann. Aber bei all dem sollte man nicht vergessen, dass sowohl die russischen als auch die westlichen und ukrainischen Erklärungen nicht nur der Wahrheitsfindung dienen sondern auch der Verwirrung des Feindes, gelegentlich auch der Freunde. Denn nicht immer sind die Interessen beider gleich und schon gar nicht gründet sich Freundschaft immer auf Sympathie. Viel öfter besteht ihre Grundlage in gemeinsamen Feinden.
Ob die russische Führung wirklich nicht die Entwicklung an der Grenze hat kommen sehen, ist angesichts der starken Überwachung des Luftraums durch die eigenen Aufklärungssysteme fraglich. Dazu haben sich die Russen in diesem Krieg bisher nicht als fahrlässig oder blauäugig genug gezeigt. Anders als der Westen und die ukrainische Führung lassen sie sich nicht so sehr von eigenem Wunschdenken leiten, wenigstens konnte man bisher diesen Eindruck gewinnen.
Möglich ist aber ohne Weiteres, dass sie tatsächlich davon ausgingen, dass ohne Zustimmung aus Washington die ukrainische Armee keinen Einmarsch wagen würde. So verbreiten sie weiterhin die Behauptung, dass die USA eingeweiht waren, was von westlichen Stellen und Medien bestritten wird. Denn viele Äußerungen haben auch nur den einen Sinn, die Widersprüche innerhalb der anti-russischen Allianz zu erhöhen.
Aber darüber zu spekulieren, macht im Moment wenig Sinn. Doch vieles spricht dafür, dass die Russen diesen Einmarsch in begrenztem Maße zuließen, um die Ukrainer in eine Falle zu locken. Aus dieser dürften sie nun nicht so leicht wieder herauskommen, ohne ordentlich Federn lassen zu müssen. Zudem sind die erprobtesten Kämpfer und eine große Menge an ohnehin knappem Material weit ab von der entscheidenden Front, dem Donbass, gebunden. Insofern kam dieser Kiewer Vorstoß nicht nur sehr unerwartet für Freund und Feind, er scheint auch unüberlegt zu sein.
Eine weitere überraschende Wende spielte sich am Wochenende in Berlin ab. Diese könnte für die Ukraine genau so gefährlich werden wie der öffentlichkeitswirksame Einmarsch im russischen Grenzgebiet zu Kursk. Die Ampel hat kurzerhand und über Nacht die Finanzierung der Ukraine aus dem Bundeshaushalt weitgehend eingestellt. Auch hier kann nur spekuliert werden, denn Erklärungen zu den Beweggründen sind bisher nur dürftig.
Notgedrungen
Vordergründig geht es um die Defizite im deutschen Finanzhaushalt, die es zu decken gilt und die man offensichtlich nicht auf Kosten der Schuldenbremse oder von Sozialleistungen vornehmen wollte. Letzteres hatten Medien wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung, aber auch viele Wirtschaftsinstitute und -verbände immer wieder gefordert....
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Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse
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Bildquelle: syro9 / shutterstock
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