Erst im neuen Jahrtausend sind die zu seinen Lebzeiten nie in Buchform erschienenen Werke des jungen Historikers und Schriftstellers Felix Hartlaub - geboren 1913 in Bremen, verschollen 1945 in Berlin - in ihrer literarischen Bedeutung erkannt und in einer Gesamtausgabe ediert worden. Hartlaub arbeitete in der „Kriegsgeschichtlichen Abteilung im Oberkommando der Wehrmacht“ im Führerhauptquartier, hatte aber auch jüdische Freunde, die als Kommunisten zusätzlich gefährdet waren. Seinerseits war er weder Nazi noch Widerstandskämpfer, und natürlich beeinflusst das hoch toxische Umfeld seiner Arbeitsstätte - von der „Wolfsschanze“ bis zum Führerhauptquartier „Werwolf“ in der Ukraine - bis heute, wie wir ihn lesen.
Eine neue Einzelausgabe seiner Aufzeichnungen aus jener Zeit und von jenen Orten mit Fotos und ausführlichen Erläuterungen bringt uns das Phänomen Felix Hartlaub näher. Im Gespräch mit Matthias Weichelt, dem Chefredakteur der Literaturzeitschrift Sinn und Form und Autor einer biographischen Hartlaub-Studie (2020) sowie des Nachworts der vorliegenden Ausgabe gehe ich den Fragen nach: Wer war Felix Hartlaub? Wie sollen wir ihn heute lesen? Und was haben seine bemerkenswerten Aufzeichnungen uns zu sagen? Ein singulärer Literat ist zu entdecken.
Felix Hartlaubs „Aufzeichnungen aus dem Führerhauptquartier“ wurden von Gabriele Lieselotte Ewenz herausgegeben und mit Anmerkungen versehen. Nachwort von Matthias Weichelt. Suhrkamp Verlag, 192 Seiten, 23 Euro.