Es hing in der Lower Circular Road, kündigte irgendein Theaterstück an mit dem Titel „Autobiographie“. Darunter stand: „Das Epos vom letzten Jahr des 20. Jahrhunderts“.Kulbhushan staunt. Denn der Schauspieler heißt wie er. Und so beginnt er, ein Hindu und Nachfahre einer eingewanderten Marwari-Handelsfamilie, sich zu erinnern: an seine ehemalige Heimat im heutigen Bangladesch, an seinen Freund Shyama – einen muslimischen Wäscher – und an den Fluss Gorai, der einst Teil seines Lebens und seiner Seele war. Denn all das hat Kulbhushan verloren. Er ist „Entwurzelt“, wie auch der neue Roman von Alka Saraogi heißt: Während seine Brüder unmittelbar vor der Teilung 1947 auswanderten und in Kalkutta Fuß fassen konnten, verließ er die geliebte Heimat erst 1964, aufgrund von sich mehrenden Unruhen gegen Hindus.Quelle: Alka Saraogi – Entwurzelt
Die drei älteren Brüder waren verheiratet und mit Familie und Geschäft in Kalkutta etabliert. Nur er war auf der Strecke geblieben. Weder gehörte er richtig zu Indien noch zu Pakistan. Niemand war sein Freund, niemand half ihm.Zwar hat er irgendwann geheiratet. Doch seine Frau ist keine Marwari. Seitdem meiden seine Brüder ihn noch mehr; sie fürchten, sich am Essen dieser Frau zu verunreinigen. Kulbhushans Vater wiederum überquert erst 1971 mit Millionen von Flüchtlingen die Grenze, als sich Bangladesch in einem Krieg gewaltsam von Pakistan lossagt. Es ist dieser Krieg, in dem auch Kulbhushans einziger Freund Shyama sterben wird. Wie Kulbhushan ist er ein Außenseiter in der eigenen Familie:Quelle: Alka Saraogi – Entwurzelt
Als er seiner Mutter mitteilte, er wolle heiraten, entgegnete sie: „Wer wird dir denn seine Tochter zur Frau geben? Ich habe dich von Jogi Baba bekommen. Da warst du schon beschnitten. Du bist weder ein richtiger Muslim noch ein richtiger Hindu. Alle hier wissen das.Wie Kulbhushan widersetzt auch Shyam sich dem wachsenden Hass: Er nimmt eine hinduistische Witwe zur Frau und akzeptiert ihr ungeborenes Kind als seins.Quelle: Alka Saraogi – Entwurzelt