Von der Krone baumeln, dort und da, / die kleinen Nester des Frühlings. / Die Leute sagen: Jetzt erst sehe ich, wie gut sie war!Im Gedicht „Die gefallene Eiche“ findet sich ein Grundmotiv von Pascolis Lyrik: „Nester“ – so lautet auch folgerichtig der Titel des von Theresia Prammer zusammengestellten Auswahlbandes. Das „Nest“ ist nicht nur in der Tierwelt zuhause, sondern im übertragenen Sinn auch bei uns Menschen: „Sich ein Nest bauen“, sich also häuslich einrichten. Das „Nest“ bietet Schutz, Sicherheit – gerade auch in der Kindheit oder bei Tieren in der Aufzucht der Jungen. In Pascolis Gedicht „Die gefallene Eiche“ wird das Nest zerstört, weil der Mensch diese Eiche mit ihren Nistplätzen zu Fall bringt. Vergeblich irrt das Muttertier.Quelle: Giovanni Pascoli – Nester
Sie sucht nach ihrem Nest, das nicht mehr ist.Quelle: Giovanni Pascoli – Nester
He! Du kehrst heim … Ich weiß: / Oh! In dein herrliches Nest, vor dem Regen gefeit!Allein, es bleibt ein Traum. Der Mensch, der Dichter ist förmlich aus der Natur gefallen. Der Gesang der Vögel wandelt sich in ein gräuliches Rauschen.Quelle: Giovanni Pascoli – Nester
Was geht vor in der Welt? / Unendliche Stille. / Doch tief unten, da schwelt, / einsam und irrend, / dieses schaurige Grollen.Quelle: Giovanni Pascoli – Nester
Erinnerung – Kindheit – Tod – Verlust. Pascoli schreibt vom Ende seiner Welt her; die Orte der Tragödie sowie die Friedhöfe sind immer gegenwärtig. Schatten sprechen den Dichter an, wo er geht und steht.Diese Schatten drängen sich bis in den Bereich der Träume. Im Gedicht „Traum eines Schattens“ schmiedet Pascoli den „Tod eines Alten“ existentiell an den „Tod eines Neugeborenen“. Was ist Leben? Was bedeutet es, eine Strecke des Lebens gehen?Quelle: Giovanni Pascoli – Nester
Der eine sah die Kinder / seiner Kinder; der andere nicht einmal sich. Ihr Leben / war das nämliche: Traum eines Schattens, ein Nichts.Dass der Lyrikband „Nester“ zweisprachig erscheint, ist auf jeden Fall ein großes Plus. Er erlaubt damit einer an Lyrik interessierten Leserschaft, diesen italienischen Dichter in gekonnter Übersetzung für sich zu entdecken. Giovanni Pascoli war sicher kein avantgardistischer Experimentator, aber seine in die Tiefe reichende Melancholie, seine stete Sehnsucht nach dem verlorenen Wundergarten der Natur und seine exzellente Sprachführung machen seine Gedichte zum bleibenden Gut europäischer Lyrik.Quelle: Giovanni Pascoli – Nester