Am 2. März 1991 erfuhr ich in einer Seilbahn vom Tod Serge Gainsbourgs. Ich bin in dem Wintersportort, in dem meine Mutter siebzehn Jahre zuvor gestorben ist. Ich nehme Gainsbourgs Tod zu ernst. Irgendwas läuft hier schief. Ich wusste kaum etwas vom Tod meiner Mutter, also weine ich um Serge Gainsbourg.Quelle: Joann Sfar – Der Götzendiener
Ein Elefant im Raum. Ich kann ohne Ende essen. Ich fühle mich nie voll. Manchmal tusche ich sogar schwarze Flächen mit einer Schreibfeder. Das ist sehr befriedigend. Aber es hört nie auf.Gespräche prägen diesen Band, Gespräche von Joann Sfar mit seinem Psychotherapeuten und einem Rabbi in Nizza. Aber Theologie und Psychoanalyse bilden nur einen Rahmen. Wirklich persönlich ist dieser Comic, weil Joann Sfar sich auf die Suche macht, nach den Ursprüngen seiner Kunst. Warum ist er Zeichner geworden? Mit dem Zeichnen und Malen haben jedenfalls die wenigen Erinnerungen an seine Mutter zu tun.Quelle: Joann Sfar – Der Götzendiener
Zum Beispiel Asterix: Meine Mutter lebt da noch. Ich male mit dem Kugelschreiber in ihren Asterix-Erstausgaben herum. Nicht, um sie zu beschädigen. Sondern, weil ich betört bin von Uderzos Zeichnungen und davon träume, das auch zu können. Oder besser, mich auf die eine oder andere Weise an seinen Zeichnungen zu beteiligen. Aber diesmal bekomme ich wenige Komplimente. Und auch nicht, als Mama geweint hat, weil ich die weißen Tiere auf einer Kinderdecke ausgemalt hatte. Ich sehe meine Mutter mit hochgekrempelten Jeans im Bad, wie sie weinend die Decke reinigt. Ich weiß, dass es meine Schuld ist, und es macht mich noch heute traurig. Denn es ist eine der lebendigsten Erinnerungen an sie.Wenn sein Therapeut ihn auf das Fehlen der Mutter anspricht, antwortet Sfar, dass er lieber ein Buch darüber zeichnen würde. Das Zeichnen, das Leben in Bildern, das Leben als Bildermacher: Wenn es die Leere füllt, wird es dann zum Lebensersatz, eine Flucht vor dem Leben?Quelle: Joann Sfar – Der Götzendiener
Wenn du ein Bild mehr liebst als die Wirklichkeit, bist du verloren. Hier ein konkretes Beispiel: Ich bin bei einer Brünetten und verschüchtert. Sie will unbedingt, dass ich mit ihr schlafe. Wir haben uns gerade kennengelernt. Ich fühle mich unwohl. Sie anzusehen, würde mir reichen. Sie macht alles viel schneller als ich. Sie ist vor mir nackt. Das stresst mich. Ich ziehe mich mental zurück. Ich fange an, sie in meinem Kopf zu zeichnen. Wussten Sie das? Dass ein Zeichner sogar ohne Stift in der Hand zeichnet? Wenn ich zeichne, krieg ich keinen hoch. Mit einer Autorität wie der von Francois Mitterand oder meiner Großmutter väterlicherseits, erklärt sie: Und doch wird es passieren müssen! Schließe die Augen! Und sobald ich die Augen schließe, krieg ich einen hoch. Verstehen Sie? Zeichnen und Leben, beides gleichzeitig ist nicht so einfach.Quelle: Joann Sfar – Der Götzendiener
Man muss in der Küche arbeiten, oder im Wohnzimmer, inmitten seiner Liebsten. Man braucht Cafés, Bänke, den Wind und dass man unentwegt gestört wird. Das Zeichnen wird nicht abhandenkommen. Zu versuchen, weniger zu zeichnen, wenn man es so sehr liebt, ist morbid. Wenn Du das Gefühl hast, bei deinen Toten zu sein, wenn du schreibst, brich alles ab. Zeichnen, das ist das Leben!Quelle: Joann Sfar – Der Götzendiener