Mehr Recht auf weniger Kleidung: Die Anhänger der Nacktbadekultur in der DDR rebellieren gegen Badehosen- und Bikini-Bekleidete. Und das mit teils rüden Methoden.
Nacktbaden gehört für viele DDR-Bürger zum gängigen Urlaubsvergnügen. 1982 erscheint sogar ein FKK-Reiseführer - dieser weist rund 40 offizielle Strände für Freikörperkultur aus. Doch diesen selbstverständlichen Umgang mit dem textilfreien Planschen gab es nicht immer.
Im Jahr 1954 tobt im Arbeiter- und Bauernstaat ein regelrechter Kulturkampf um das Für und Wider von Badebekleidung. Angeblich gipfelt der Konflikt darin, dass die Angezogenen überfallen und zwangsweise entkleidet werden. Das Ende vom Lied: Am 14. August 1954 tritt ein generelles Nacktbadeverbot für die gesamte Ostseeküste in Kraft.
Es folgt ein Sturm der Entrüstung. DDR-Bürger beschweren sich bei der Obrigkeit und schreiben an die Medien. Kultusminister Johannes R. Becher kontert mit dem pathosschweren Ausbruch: "Habt Mitleid! Zeigt Erbarmen! Schont die Augen der Nation!" Doch die Wahrheit ist: Unter den Nudisten befinden sich auch etliche SED-Mitglieder und sogar hochrangige Staatsbeamte.
Unter diesen Umständen ist es unmöglich, weiter auf das Nacktbadeverbot zu bestehen - und so wird es nach nur zwei Jahren wieder aufgehoben. Natürlich leise, schließlich trifft die SED ihre Entscheidungen immer im fantasierten Bewusstsein der Unfehlbarkeit. Berichtigungen passen da nicht ins Bild. Doch zumindest in diesem einen Punkt überwindet die DDR ihre Kleinbürgerlichkeit - und an der Ostsee heißt es fortan wieder: Sommer, Sonne, FKK.
In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Klug: