Am 21.5.1919 wird Jakob Reumann der erste sozialdemokratische Bürgermeister Wiens. So wird das "Rote Wien" geboren: ein Reformprojekt, das die Stadt bis heute prägt.
Am Ende des Ersten Weltkriegs ist Wien in Not - eine überfüllte Stadt mit schlechter Versorgungslage. Die Menschen versuchen, sich selbst zu versorgen, sich auch selbst um Wohnraum zu kümmern. Sie bauen sich am Stadtrand Hütten und legen große Gärten an.
Bis 1919 gilt in Österreich das Kurienwahlrecht: Ob und wer wählen darf, hängt unter anderem von der Steuerleistung ab. Das ändert sich mit der Wahlrechtsreform. Am 4. Mai 1919 finden bei der Gemeinderatswahl in Wien erstmals allgemeine und gleiche Wahlen statt. Dabei erzielen die Sozialdemokraten mit 54,2 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit. Der Gemeinderat wählt Jakob Reumann zum Bürgermeister. Das rote Wien ist geboren.
Zum Programm der neuen Stadtregierung zählt unter anderem kostenlose medizinische Versorgung, Bildungsreformen sowie die Schaffung von Wohnraum. Zentral dabei: Es sollen nicht nur Wohnungen für Menschen geschaffen werden, sondern Lebensräume. Das hat nicht nur in Wien Konsequenzen: Die eher traditionell und konservativ denkende Landbevölkerung schaut so skeptisch nach Wien, dass Wien und Niederösterreich sich trennen. Wien wird zum unabhängigen Land in Österreich und kann eigene Gesetze und eigene Steuern erheben - etwa die Wohnbausteuer.
In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Meyer: