Funktionär Paul Merker wird in der DDR verhaftet, verhört und verurteilt - weil er sich für Entschädigungen für Holocaust-Überlebende einsetzt. Erst spät und im Stillen wird er rehabilitiert.
Die DDR nähert sich dem Thema Holocaust künstlerisch, politisch und juristisch. Doch von Entschädigungen für Holocaust-Überlebende will sie nichts wissen. Paul Merker tritt als einziges hochrangiges SED-Mitglied für die Rechte der jüdischen NS-Opfer und ihrer Nachkommen ein.
Er favorisiert die sogenannte Wiedergutmachung, also die Rückerstattung geraubten jüdischen Vermögens. Deshalb fällt er in Ungnade. Wegen vermeintlicher "Agententätigkeit" nimmt ihn die Stasi Ende November 1952 fest. Der Prozess findet nach zweijähriger Untersuchungshaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und dauert nur zwei Tage. Das Urteil fällt Ende März 1955: acht Jahre Zuchthaus.
Doch dann wird Paul Merker bereits im Januar 1956 aus der Haft entlassen. Wenige Wochen später hält Stalins Nachfolger Chruschtschow seine Geheimrede über Stalins Verbrechen. Dasselbe DDR-Gericht, das Paul Merker zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt hatte, spricht ihn ein Jahr später in einer neuen Verhandlung frei, ohne dass sich die Beweislage geändert hat.
Eine politische Rehabilitierung erfolgt allerdings nicht. Die Medien verschweigen den Freispruch. Als Paul Merker am 13. Mai 1969 stirbt, veröffentlicht die SED einen Nachruf, ohne seine Haft zu erwähnen. In den 1970er-Jahren ziert sein Porträt eine DDR-Briefmarke.
In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Klug: