Werbung, Konsum und Comics: Vor einhundert Jahren wurde Roy Lichtenstein geboren (am 27.10.1923). Er gehört mit Andy Warhol zu den Vätern der Pop Art.
Normalerweise lernt man an der Kunsthochschule: Kopieren ist schlecht. Roy Lichtenstein hat da eine andere Idee: Er erweitert bestehende Werke, vergrößert sie. Auch wenn sie den Originalen noch ähnlich sehen, sind sie anders. Das gefällt Lichtenstein.
Mit zwanzig Jahren wird Roy Lichtenstein zum Militärdienst eingezogen. Zwischen 1943 und 1945 dient er als Soldat in England, Frankreich, Belgien und Deutschland. Nach dem Krieg bleibt er eine Weile in Europa, setzt sein Studium in Paris fort, beschäftigt sich mit den französischen Malern und sehr intensiv mit seinem großen Vorbild Pablo Picasso. Er versucht sogar, Picasso in Paris persönlich kennenzulernen. Er geht zu seinem Atelier, wagt aber dann nicht anzuklopfen. Wäre übrigens auch vergeblich gewesen, Picasso war zu dem Zeitpunkt in Südfrankreich.
Als sich nach dem Zweiten Weltkrieg immer mehr Amerikaner etwas leisten können und die Werbung den Wunsch nach Wohlstand verstärkt, parodiert Roy Lichtenstein die Sehnsüchte der Menschen, die unentwegt ihren Lebensstandard verbessern wollen. Er malt Waschmaschinen, Fritteusen, dampfende Kaffeetassen, Dollarscheine. Er lässt banalen Konsum mit Kunst verschmelzen.
So radikal Roy Lichtenstein die Kunst auch verändert hat, ein rebellisches und exzessives Leben wie sein Weggefährte Andy Warhol hat er nicht geführt.
Auch der Kunsthistoriker und Leiter des Albertina Museums in Wien, Klaus Albrecht Schröder, ist überrascht von Roy Lichtensteins sanfter Art, als er ihm 1992 das erste Mal persönlich begegnet. "Und dann tritt mir dieser Mann entgegen, mit einer Freundlichkeit und Stille und Ruhe, die zu diesem Gewaltakt 'Und jetzt mache ich etwas, das die Welt vor mir noch nicht gesehen hat' gar nicht recht passen wollte."
Roy Lichtenstein stirbt im September 1997 mit 74 Jahren in seiner Heimatstadt New York. Seine Bilder hängen in den wichtigsten Museen der Welt und versprühen noch immer den Geist der wilden 1960er-Jahre in New York, als Werbung, Konsum und Comics die großen Künstler inspirierten.
In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen: